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Kombinierte Messung der Dichte und der Viskosität von fluiden Stoffen und Stoffgemischen

Am Lehrstuhl für Thermodynamik wurde eine Messanlage entwickelt und aufgebaut, mit der die dynamische Viskosität und die Dichte von Gasen mit einem kombinierten Messverfahren über einen weiten thermodynamischen Zustandsbereich gemessen werden können. Durch die Anordnung der Dichte- und der Viskositätsmessung in derselben kompakten Messzelle ist es möglich, die Viskosität direkt als Funktion von Temperatur und Dichte zu messen. Die Dichtemessung erfolgt nach dem Ein-Senkkörper-Dichtemessverfahren und die Viskositätsmessung nach einem neu entwickelten Rotationsverfahren.

Funktionsprinzip des Kombinations-Messverfahrens.

Das zentrale Funktionselement des Messverfahrens ist die Magnetschwebekupplung, die im Wesentlichen aus dem Elektromagneten, dem Permanentmagneten, dem Lagesensor und einer elektronischen Regeleinheit besteht. Der außerhalb der Messzelle angeordnete Elektromagnet trägt den innerhalb der Messzelle angeordneten Permanentmagneten, der Bestandteil des zylinderförmigen Rotationskörpers ist. Dieser an sich physikalisch instabile Gleichgewichtszustand zwischen Gewichtskraft und magnetischer Haltekraft wird elektronisch stabil geregelt, wobei die vertikale Schwebeposition kontinuierlich durch einen induktiven Lagesensor berührungsfrei erfasst wird. Mittels eines überlagerten Sollwertreglers kann der Rotationskörper außerdem über einen großen Bereich ruhig und gezielt vertikal bewegt werden. Hierdurch kann der Rotationskörper über eine Kopplungsvorrichtung den Senkkörper von seiner Auflage, dem Strömungsleitrohr, abheben und auch wieder absetzen. Diese beiden grundsätzlich verschiedenen Schwebepositionen werden bei abgesetztem Senkkörper als „Viskositätsmesslage" und im abgehobenen Zustand als „Dichtemesslage" bezeichnet.

Schematische Darstellung des Dichtemessprinzips.

Bei dem hier angewendeten Dichtemessprinzip handelt es sich um das Ein-Senkkörper-Dichtemessverfahren, wobei die Fluiddichte gemäß der Auftriebsmethode nach Archimedes durch die Wägung des Senkkörpers im Vakuum und im Messfluid bestimmt wird. Dabei dient die Magnetschwebekupplung zur berührungslosen Übertragung aller auf den Senkkörper wirkenden vertikalen Kräfte (Gewichtskraft und Auftriebskraft) an die Analysenwaage. Durch die getrennte Anordnung von Kraftmessinstrument (Umgebungsbedingungen) und Senkkörper (abgeschlossene Messzelle) können nach diesem Verfahren auch bei extremen Messbedingungen, z. B. bei hohen Drücken und Temperaturen, präzise Wägungen realisiert werden.

Schematische Darstellung des Viskositätsmessprinzips.

Bei dem Viskositätsmessverfahren wird die dynamische Viskosität des Messfluids aus der langsamen Drehzahlabnahme des frei schwebenden und antriebslos rotierenden Rotationskörpers bestimmt. Hierbei dient die Magnetschwebekupplung als nahezu reibungsfreies Lager, sodass die Abbremsung der Rotation fast ausschließlich durch die Fluidreibung hervorgerufen wird.

Im Vorlauf einer Viskositätsmessreihe erzeugen vier kreuzförmig außerhalb der Messzelle angeordnete Spulen ein umlaufendes magnetisches Drehfeld, das den elektrisch gut leitenden Rotationskörper in der Viskositätsmesslage berührungslos bis zum Erreichen einer frei wählbaren maximalen Drehfrequenz beschleunigt. Danach werden die Antriebsströme abgeschaltet und der Rotationskörper rotiert nunmehr frei, lediglich durch die Fluidreibung langsam gedämpft. Die daraus resultierende Änderung der Drehfrequenz wird mittels eines induktiven Drehzahlsensors erfasst und durch eine hochgenaue Zeitmessung bestimmt. Die Auswertung der zur Bestimmung der Viskosität benötigten Drehzahlwerte erfolgt dann vollautomatisiert über einen PC.

Die Arbeitsgleichung zur Auswertung des Drehzahlverlaufs ergibt sich direkt aus der Lösung der Bewegungsgleichung des Rotationskörpers. Diese Differentialgleichung beschreibt das Gleichgewicht zwischen dem Trägheitsmoment des Rotationskörpers und dem wirksamen Bremsmoment. Die Bewegungsgleichung lautet: n(t)=n(1−eDt). Demnach strebt die Anzahl der Umdrehungen n(t) asymptotisch dem Grenzwert n über die Zeit t entgegen. Die eigentliche (mittelbare) Messgröße des Verfahrens ist die Dämpfung D der Drehbewegung. Diese wird mittels Regressionsrechnung aus den gemessenen Drehzahlwerten bestimmt. Die durch die Dämpfung charakterisierte Fluidreibung ist direkt proportional zur Viskosität η gemäß der Arbeitsgleichung η=(zDDR)/C, wobei C einen sogenannten Gerätekoeffizienten bezeichnet und z (Instationaritätsfaktor) die Instationarität der Strömung berücksichtigt. Sowohl der Gerätekoeffizient als auch der Instationaritätsfaktor hängen hauptsächlich von Geometriegrößen des Messsystems und der Masse des Rotationskörpers ab.

Um den großen Einfluss der Geometriegrößen des Messsystems auf ein Minimum zu reduzieren und dabei die Messunsicherheit weiter zu verringern, wird die Viskosität relativ zu dem Referenzfluid Helium bestimmt. Für Helium existieren sehr genaue ab intio berechnete Werte für die Nulldichteviskosität η0,He (Viskosität bei einer theoretischen Dichte von 0 kg/m3) mit einer erweiterten Unsicherheit (k = 2) von 0,002%. Die erweiterte Arbeitsgleichung ergibt sich dadurch zu η=(zDmessDR)η0,He/(D0,HeDR). Um einen äquivalenten Dämpfungswert D0,He zur Nulldichteviskosität von Helium zu erhalten, werden die Dämpfungswerte von Helium bei unterschiedlichen, geringen Dichten gemessen und linear zur theoretischen Nulldichte extrapoliert.

Neben der Fluidreibung erzeugen Wirbelströme ein (geringes) zusätzliches Bremsmoment auf den Rotationskörper, welches als Kupplungsdämpfung DR bezeichnet wird. Die Wirbelströme entstehen aufgrund von Inhomogenitäten im Magnetfeld zwischen Elektromagnet und Permanentmagnet bei einer Rotation des Rotationskörpers. Bisher wurde die Kupplungsdämpfung durch Dämpfungsmessungen in der evakuierten Messzelle experimentell ermittelt. Dieses Verfahren ist allerdings extrem aufwändig und fehleranfällig. Daher wurde eine neue alternative Methode entwickelt, die Kupplungsdämpfung zu bestimmen. Dabei werden Helium, Argon und Neon bei unterschiedlich geringen Dichten im gesamten Temperaturbereich gemessen. Anschließend werden die gemessenen Viskositäten zur Nulldichte extrapoliert und mit Referenzwerten verglichen. Als Referenzwerte für Argon und Neon werden ebenfalls ab initio berechnete Werte verwendet, die mit einer Standardunsicherheit von 0,1% angegeben werden. Anschließend wird die Kupplungsdämpfung variiert, bis die Abweichungen der gemessenen (extrapolierten) Viskositäten zu den Referenzwerten minimal werden.

Der Einsatzbereich der nach dem neuen Verfahren arbeitenden Anlage erstreckt sich auf Temperaturen von (−20 bis zu +200) °C bei Drücken bis zu 200 bar. Es können Dichten bis zu 500 kg/m3 und dynamische Viskositäten bis zu 50 μPa s gemessen werden. Die Gesamtunsicherheiten (k = 2) werden zurzeit mit Uc(ρ)/ρ ≤ 0,1% für die Dichtemessung und mit Uc(η)/η ≤ 0,5% für die Viskositätsmessung abgeschätzt.

Viskositätsmessaparatur

Neben der Viskositäts-Dichtemessapparatur wurde mit der Viskositätsmessapparatur eine weitere Messanlage am Lehrstuhl für Thermodynamik entwickelt und aufgebaut. Diese Messanlage wurde speziell für die Messung von Gasen geringer Dichte ausgelegt. Da bei geringen Dichten die Viskosität näherungsweise unabhängig von der Dichte ist, wurde bei der Viskositätsmessapparatur auf die Dichtemessung verzichtet. Dadurch ist kein Senkkörper in der Messzelle vorhanden und somit die Geometrie des Messsystems stark vereinfacht. Dieser Aufbau ermöglicht die Messung der Viskosität mit einer im Vergleich zur Viskositäts-Dichtemessapparatur geringeren Messunsicherheit.

Der Einsatzbereich der Viskositätsmessapparatur erstreckt sich auf Temperaturen von (−20 bis zu +200) °C bei Drücken bis zu 20 bar. Es können dynamische Viskositäten bis zu 50 μPa s gemessen werden. Im Rahmen einer kürzlich veröffentlichen Arbeit [1] wurde die Viskosität von Kohlendioxid mit relativen erweiterten Messunsicherheiten (k = 2) von (0,20 bis 0,41)% gemessen.

Funktionsprinzip des Viskositäts-Messverfahrens.

Der Einsatzbereich der Viskositätsmessapparatur erstreckt sich auf Temperaturen von (−20 bis zu +200) °C bei Drücken bis zu 20 bar. Es können dynamische Viskositäten bis zu 50 μPa s gemessen werden. Im Rahmen einer kürzlich veröffentlichen Arbeit [1] wurde die Viskosität von Kohlendioxid mit relativen erweiterten Messunsicherheiten (k = 2) von (0,20 bis 0,41)% gemessen.

Literatur

[1] Schäfer, M.; Richter, M.; Span, R.: Measurements of the viscosity of carbon dioxide at temperatures from 253.15 K to 473.15 K with pressures up to 1.2 MPa. J. Chem. Thermodyn. 89 (2015), 7 – 15.